Das tragische Ende einer geliebten Monarchin.

Rauchs Abbild der Königin Luise auf ihrem Sarkophag.

Luise, Königin von Preußen.

Der Todestag von Königin Luise von Preußen: Ein tragisches Ende einer geliebten Monarchin.

Am 19. Juli 1810 verstarb Königin Luise von Preußen, eine der bekanntesten und beliebtesten Königinnen ihrer Zeit. Ihr Tod erschütterte das preußische Volk und hinterließ eine tiefe Trauer in der Nation. Oft wird ihr Ableben als Resultat eines gebrochenen Herzens beschrieben, eine poetische Metapher für die seelischen und politischen Belastungen, die sie während der Napoleonischen Kriege ertragen musste. Ihre Lebensgeschichte und ihr Vermächtnis bleiben bis heute unvergessen – eine Inspiration für Generationen.

Die Jugend der Königin Luise.

Ihr Vater, Karl Prinz zu Mecklenburg-Strelitz, war ein General im hannoverschen Heere. Als Luise sechs Jahre alt war, verlor sie ihre Mutter. Der Vater vermählte sich darauf mit der Schwester der Verstorbenen; aber nach kurzer Zeit starb auch diese. Nun nahm sich die Großmutter mütterlicherseits, die in Darmstadt wohnte, der Erziehung der Kinder an, und in dieser Stadt verlebte Luise acht Jahre ihrer glücklichen Jugend.

Nach dem Rückzuge der Österreicher und Preußen aus Frankreich 1792 besetzten die Franzosen die Städte Speyer, Mainz und Frankfurt. Nun schienen die Tage der Ruhe und Sicherheit für Darmstadt zu Ende zu gehen. Daher verbrachte die Großmutter den Herbst und Winter dieses Jahres mit ihren Enkelinnen am Hofe zu Hildburghausen.

Die Schwestern Luise und Frederike von Mecklenburg-Strelitz.

Luise und Frederike

Auf der Rückreise besuchte sie mit den Prinzessinnen Luise und Friederike im März 1793 die Stadt Frankfurt, wo sich damals das Hauptquartier des Königs von Preußen befand, und hier war es, wo der Kronprinz Friedrich Wilhelm Luise zum ersten Male sah. Er war von ihrer Schönheit, Anmut und Herzensgüte so entzückt, daß er um sie warb, und schon bald wurde sie seine Braut. Zu gleicher Zeit verlobte sich ein Bruder des Kronprinzen mit der Prinzessin Friederike.¹

Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise von Preußen.

Gemälde Luises. Friedrich Wilhelm III. wurde zur Zeit Friedrichs des Großen, seines Großoheims, geboren. Dieser hatte den jungen Prinzen sehr lieb. Einst begegnete er ihm im Garten zu Sanssouci und forderte ihn auf, ihm eine französische Fabel zu übersetzen. Der Prinz übersetzte vortrefflich, und er König lobte ihn dafür. Friedrich Wilhelm wollte jedoch ein unverdientes Lob nicht annehmen, sondern sagte: „Ich habe aber die Fabel erst kürzlich bei meinem Lehrer übersetzt.“ Da leuchtete das Auge des Königs hell auf. Er streichelte dem Prinzen die Wangen und sagte: „So ist`s recht, lieber Fritz, nur immer ehrlich und aufrichtig. Wolle nie scheinen, was du nicht bist; sei stets mehr, als du scheinst.“ Und indem sie weiter gingen, fuhr der König nachdenklich fort: „Fritz, werde etwas Tüchtiges. Es wartet Großes auf dich. Ich fürchte, du wirst einmal einen schweren, bösen Stand haben. Wache über unsere Ehre und unseren Ruhm. Begehe keine Ungerechtigkeit. Dulde aber auch keine.“ Dann reichte er ihm die Hand und sagte: „Fritz, vergiß diese Stunde nicht!“²

Gegen Ende des Jahres 1793 fand die Vermählung statt, und nun begannen für die Kronprinzessin freundliche und glückliche Tage an der Seite ihres Gemahls. Gern zog sich das hohe Paar in die Stille des Landlebens zurück. Den Sommer verlebte es oft auf dem Landgute Paretz bei Potsdam, wo sich der Kronprinz als „Schulze“ und die Kronprinzessin als „gnädige Frau von Paretz“ am wohlsten fühlten. Gern nahm Luise mit ihrem Gemahl an den Festen der Dorfbewohner teil und erfreute die Kinder durch allerlei Geschenke.³

In dem einfachen Leben des Paares trat kaum eine Veränderung ein, als Friedrich Wilhelm III. 1791 den Thron bestieg. Luise schrieb damals an ihre Großmutter: „Ich bin jetzt Königin. Was mich am meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohltaten nicht so ängstlich zu zählen brauche.“ Die Hütten der Armut aufzusuchen und den Kranken und Notleidenden zu helfen, war schon immer ihre Lieblingsbeschäftigung gewesen. Als 1806 der Krieg ausbrach, begleitete die Königin ihren Gemahl ins Feld. Bald kehrte sie jedoch zurück. Unterwegs traf sie die Nachricht von der Niederlage bei Jena und Auerstedt. Nun konnte sie nicht länger in Berlin bleiben, sondern mußte nach dem Osten Preußens fliehen.

Tief erschüttert sprach die Königin in jener Zeit zu ihren ältesten Söhnen: „Ihr seht mich in Tränen; ich beweine den Untergang meines Hauses; aber begnügt euch nicht mit Tränen allein, sondern handelt und entwickelt eure Kräfte.“³

Königin Luise auf der Flucht.

Die Reise ging zunächst nach Königsberg. Als sich aber die Franzosen dieser Stadt näherten, mußte die königliche Familie nach Memel fliehen. Königin Luise war krank, und es herrschte kaltes Winterwetter; aber sie wollte lieber in Gottes Hand fallen als in die der Franzosen. Die erste Nacht auf der Flucht mußte sie in einem Zimmer zubringen, dessen Fenster zerbrochen waren, so daß der Schnee auf ihr Bett geworfen wurde; aber sie ertrug alle Beschwerden geduldig und erholte sich wunderbarerweise bald wieder.

Kurz vor dem Friedensschlusse traf Luise mit Napoleon in Tilsit zusammen. Sie sollte den stolzen Eroberer bitten, dem besiegten Preußen einen leidlichen Frieden zu gewähren. Der Gang wurde ihr sehr schwer, aber sie brachte ihrem Lande dieses Opfer. Während der Unterhaltung fragte der französische Kaiser u.a.: „Aber wie konnten Sie es wagen, mit mir Krieg anzufangen?“ worauf die Königin antwortet: „Dem Ruhme Friedrichs war es erlaubt, uns über unsere Kräfte zu täuschen, wenn anders wir uns getäuscht haben.“

Leider hatte diese Unterredung nicht die erhoffte Wirkung; denn Preußen wurde hart getroffen. In dieser schweren Zeit verlor Königin Luise keinen Augenblick den Glauben an eine bessere Zukunft, und sie schloß sich daher von ganzem Herzen den Männern an, die, wie Stein, Scharnhorst u.a., diese herbeizuführen suchten. Groß war ihre Freude, als sie gegen Ende des Jahres 1809 nach Berlin zurückkehren konnte.

Im nächsten Jahre sollte für sie ein langgehegter Wunsch in Erfüllung gehen; sie durfte ihren Vater in Mecklenburg besuchen. Von den Ihrigen mit Freude empfangen, kam sie in Strelitz an. Bald fuhr man nach dem Lustschloss Hohenzieritz. Hier wurde die Königin ernstlich krank. Anfangs legte man ihrem Leiden keine Bedeutung bei; aber ihr Zustand wurde immer bedenklicher.³ ⁴

Neugestaltung des preußischen Staates.

Das Unglück wurde ein guter Lehrmeister für Preußen. Mit scharfem Blick erkannte Königin Luise die Quelle der Leiden, die über Preußen gekommen waren.
Sie schrieb damals an ihren Vater: „Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen, welcher, der Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf.
Wir sind derselben nicht fortgeschritten; deshalb überflügelt sie uns. Das sieht niemand klarer als der König. Noch eben habe ich mit ihm darüber eine lange Unterredung gehabt, und er sagte, in sich gekehrt, wiederholentlich: ,,Das muß auch bei uns anders werden.“

Der Freiherr vom Stein schien dem Könige der geeignete Mann zu sein, um hier Abhilfe zu schaffen; ihm übertrug er daher die Verwaltung seines Landes. Mit Recht erblickte Stein den Grund vieler Übel in der allzugroßen Beschränkung von Freiheit und Selbständigkeit der einzelnen Staatsbürger. Sein Hauptbestreben war daher auf folgende Punkte gerichtet:

  • Die Schaffung eines freien Bauernstandes
  • Die Schaffung eines freien Bürgerstandes
  • Die Einführung einer neuen Gewerbeordnung
  • Verbesserung der Staatsverwaltung
  • Wehrpflicht samt Bildung eines tüchtigen Heeres übernahm der General Scharnhorst⁵
  • Die geistigen und sittlichen Hebungen des Volkes

Daran arbeiteten edle Männer, um es für eine preußisch-deutsche Art und Sitte zu begeistern und für die neuen großen Aufgaben reif zu machen. Hierzu zählen Ernst Moritz Arndt, von Schenkendorf und Theodor Körner. Der Philosoph Fichte hielt in Berlin seine ,,Reden an die deutsche Nation“, und Turnvater Jahn schrieb sein Buch vom ,,Deutschen Volkstum“ und suchte durch das Turnen die Jugend für die Beendigung der Fremdherrschaft tüchtig zu machen. Ein Volk aus Dichtern, Denkern und Kriegern.⁶

Tod der Königin Luise.

Königin Luise, die den Tag der Befreiung so sehr ersehnte, sollte ihn nicht erleben. Der Gram über das Unglück ihres Landes nagte ihr am Herzen. Nur noch einmal fühlte sie sich recht beglückt, als sie kurz vor Weihnachten 1809 an der Seite ihres Gemahls in das geliebte Berlin einziehen konnte. Im Sommer 1810 reiste sie zu ihrem Vater nach Strelitz und bezog das Lustschloß Hohenzieritz. Dort wurde sie bald sehr krank; ein heftiges Brustleiden stellte sich ein. Wenige Stunden vor ihrem Tode erschien der König mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Wilhelm. Das war ihre letzte Freude. „Ach, lieber Fritz, lieber Wilhelm, seid ihr da?“ rief sie und umarmte sie herzlich.

Zeitgenössische Darstellung des Sterbelagers Luises in Hohenzieritz.Der König ging weinend hinaus. „Ach,“ rief er aus, „wenn sie nicht mein wäre, würde sie leben; aber da sie meine Frau ist, stirbt sie gewiß.“ Bald darauf schloß Königin Luise ihre Augen für immer (19. Juli 1810). Das war für den schon so tief gedemütigten König der härteste Schlag! „Meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott“ war fortan sein Wahlspruch.

Prinz Wilhelm, der nachmalige Kaiser Wilhelm I., küßte noch die bleichen Lippen seiner Mutter und ging dann weinend in den Garten. Hier pflückte er Eichenblätter und Rosen und wand einen Kranz daraus. Den legte er auf das Sterbebett seiner Mutter. Der Kranz ist nachher unter Glas und Rahmen gebracht und hing noch einige Jahre an der Wand des Sterbezimmers im Schlosse Hohenzieritz.

In Charlottenburg wurde der Königin eine prachtvolle Ruhestätte, daß Mausoleum, hergerichtet.⁷ Eine daran angelehnte Gedenkstätte ist der Luisen-Tempel in Neustrelitz mit einer Kopie des von Rauch geschaffenen Sarkophags mit der darauf ruhenden Gestalt der Königin. Im Park des Schloßes Hohenzieritz bewahrt ein weiterer Luisentempel das Andenken der Königin mit einer Büste unter einem Sternenhimmel-Baldachin.

Königin Luise als Vorbild einer ganzen Nation.

Königin Luise von Preußen bleibt bis heute ein leuchtendes Vorbild für Tugend, Mut und patriotischen Geist. Ihre Hingabe für Preußen, ihre Bemühungen um Reformen und ihre unerschütterliche Stärke in Zeiten größter Not haben sie zu einer Symbolfigur gemacht, die weit über ihre Zeit hinausreicht. In ihrer kurzen Lebensspanne hinterließ sie ein Vermächtnis, welches das preußische Volk inspirierte und bis in die heutige Zeit nachwirkt. Königin Luise steht für die Ideale einer ganzen Nation und erinnert daran, daß wahre Größe und Führungskraft aus dem Herzen kommen.

Mehr über Königin Luise von Preußen:
Friedrich Wilhelm Adami, Luise Königin von Preußen, 10. vermehrte Auflage, Verlagsbuchhandlung, Harrwitz und Goßmann, 1882.
Königin Luise im Preußenjournal


Quellen und Nachweise:
¹ Fr. Förster, O. Hahn, A. Pottag, R. Wagner, Realienbuch, vierte Auflage, Verlag Hermann Beyer & Söhne, 1914, Seite135.
² Kahnmeyer und Schulze, Realienbuch, Ausgabe A, Vollständige Ausgabe, Verlag von Velhagen & Klaßing, 1910, Seite 108 – 109.
³ Fr. Förster, O. Hahn, A. Pottag, R. Wagner, Realienbuch, vierte Auflage, Verlag Hermann Beyer & Söhne, 1914, Seite 135 – 136.
⁴ Fr. Förster, O. Hahn, A. Pottag, R. Wagner, Realienbuch, vierte Auflage, Verlag Hermann Beyer & Söhne, 1914, Seite 136 – 137.
⁵ Kahnmeyer und Schulze, Realienbuch, Ausgabe A, Vollständige Ausgabe, Verlag von Velhagen & Klaßing, 1910, Seite 112 – 113.
⁶ Fr. Förster, O. Hahn, A. Pottag, R. Wagner, Realienbuch, vierte Auflage, Verlag Hermann Beyer & Söhne, 1914, Seite 139.
⁷ Kahnmeyer und Schulze, Realienbuch, Ausgabe A, Vollständige Ausgabe, Verlag von Velhagen & Klaßing, 1910, Seite 115.

 

 

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