Eleonore Prochaska, geboren 1785 als Tochter eines Unteroffiziers, trat 1813 unter dem Namen August Renz als freiwilliger Jäger in die Lützowsche Freischar. Sie diente und kämpfte unerkannt im Befreiungskrieg, bis sie am 16. September 1813 in dem Gefecht an der Göhrde (im Lüneburgischen) im Alter von 28 Jahren fiel.
Aus dem Feldzug schrieb sie zwei Briefe an ihren Bruder. Die beiden Briefe der Eleonore Prochaska wurden in der Zeitung „Der Preußische Correspondent“ mit der Nr. 113 am Freitag, den 15. Oktober 1813, veröffentlicht:
Aus unserem ersten Biwak. Groß-Bänitz, den 30. Juli 1813.
Lieber Bruder, nun habe ich Dir etwas ganz Neues zu erzählen, worüber Du mir aber versprechen musst, nicht böse zu sein. Ich bin seit vier Wochen schon Soldat! Erstaune nicht, aber schillt auch nicht; Du weißt, daß der Entschluß dazu schon seit Anfang des Krieges meine Brust beherrschte. Schon zwei Briefe von Freundinnen erhielt ich, welche mir vorwarfen, ich sei feige, da alles um mich her entschlossen ist, in diesem ehrenvollen Kriege mitzukämpfen. Da wurde mein Entschluß unumstößlich fest, ich war im Inneren meiner Seele überzeugt, keine schlechte oder leichtsinnige Tat zu begehen; denn sieh nur Spanien oder Tirol, wie da die Weiber und Mädchen handelten! Ich verkaufte also mein Zeug, um mir erst eine anständige Manneskleidung zu kaufen, bis ich Montierung erhalte; dann kaufte ich mir eine Büchse für acht Thaler, Hirschfänger und Tschako zusammen für drei und einen halben Thaler. Nun ging ich unter die schwarzen Jäger; meiner Klugheit kannst Du zutrauen, daß ich unerkannt bleibe…
Vater wird mir nicht böse sein, glaube ich; denn er erzählte ja selbst Skizzen von den Spanierinnen und Tirolerinnen, wober er meinen Entschluß deutlich auf meinem Gesicht sehen konnte. Ich habe aus Vorsicht meinen Namen geändert; wenn Du mir schreibst, so unterzeichne Dich mit meinem angenommenen Namen als mein Bruder; denn Du weißt, Briefe haben mancherlei Schicksale. Wir exerzieren, tiraillieren und schießen recht fleißig, woran ich sehr viel Vergnügen finde; ich treffe auch 150 Schritt die Scheibe.
Lebe recht wohl, guter Bruder! Ehrenvoll oder nie siehst du mich wieder…
Mit ewiger Liebe Deine Leonora, genannt August Renz, freiwilliger Jäger bei dem Lützowschen Freikorps, im ersten Batallion des Detachements.
Schwerin, den 9. August.
Lieber guter Bruder!
Uns ist gesagt, daß wir in drei Tagen schon vor den Feind kommen; es ist also vielleicht das letztemal, daß ich mir Dir Theurer, Guter, noch eine Unterhaltung habe; ich bin zwar sehr müde, wir haben in 5 Tagen hintereinander 40 Meilen zurückgelegt und morgen früh um 2 Uhr marschieren wir schon wieder weiter; aber trotz Müdigkeit und rangieren, will ich mich doch diesen Abend einzig mit den Meinigen beschäftigen.Du sagtest mir einmal, ich müßte nicht Dein Herz zu dem eines Weibes stimmen, sondern in Dir allen Muth zu erwecken suchen. Lieb Bruder, so denke ich jetzt von Dir, und mit der festen Überzeugung, daß Du und Vater und Caroline mir nicht böse sind, gehe ich voller Muth und Entschlossenheit zum Kampf; komme ich von dort glücklich wieder zurück, dann guter Bruder wird meine Freude überschwenglich sein; komme ich nicht wieder zurück, dann sage ich Dir in diesem Brief das letzte Lebewohl, theurer guter Bruder, dann lebe ewig, ewig wohl; ich kann weiter nichts sagen, als daß ich auch noch im Tode treu und ewig mit Liebe sein werden.
Dein Dich ewig liebender Bruder August Renz.
Friedrich Förster, der spätere Geschichtsschreiber der Befreiungskriege, machte den Krieg als freiwilliger Jäger im Lützowschen Korps mit. Er erzählt als Augenzeuge vom Heldentod der Eleonore Prochaska am 16. September 1813:
Als in dem Gefecht an der Göhrde am 16. September 1813 die Lützowschen Jäger eine französische Batterie bestürmten, wurde Renz an meiner Seite der rechte Schenkel von einer Kanonenkugel zerschmettert. Im Niedersinken klammerte er sich krampfhaft an meinen Mantel an, riß seine Litewka auf und rief: „Leutnant, ich bin Mädchen!“ Sie war zum Tode verwundet und starb den schönsten Tod für die Freiheit des Vaterlandes.
Beim Lesen bekam ich eine Gänsehaut. Meine preußische Abstammung geht zurück bis ins 17. Jahrhundert. Bin im Besitz
diverser Urkunden meiner Vorfahren (Gold gab ich für Eisen). Eleonore Prochaska lebte die preußische Idee: Gerechtigkeit für jedermann!
Sehr beeindruckend.
Herzlichen Gruß
Gerd
Ich bin auch beeindruckt von dieser tapferen jungen Freu, und habe auch beim Lesen eine Gänsehaut bekommen. Mit preußischen Gruß Ilona Günther.