20. Juli: Preußens Enkel wollen Hitler aus Preußen bomben.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Nachkomme des berühmten preußischen Feldmarschalls August Neidhardt von Gneisenau, und Henning von Tresckow waren zwei zentrale Figuren im Widerstand gegen Adolf Hitler und dessen nationalsozialistisches Unrechtsregime. Dieser Artikel beleuchtet ihre Herkunft, ihre Motive und die Hintergründe des Attentats vom 20. Juli 1944, das sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt und dessen Scheitern das vorläufige Schicksal Deutschlands besiegelte.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg: Freiheitskampf als Familientradition.

Claus Graf Schenk von Stauffenberg,Stauffenberg, einer der bekanntesten deutschen Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, entstammte mütterlicherseits einer bemerkenswerten Linie: Er war ein Nachkomme des preußischen Feldmarschalls August Neidhardt von Gneisenau, jenen Helden des Befreiungskrieges, der unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. an der Seite so bedeutender Männer wie Scharnhost, Stein, Hardenberg und Blücher Europa von Napoleons Tyrannenherrschaft befreite.¹ Diese Abstammung unterstreicht seine tiefe Verwurzelung in einem bedeutenden Adelsgeschlecht, das stets von Vaterlandsliebe und dem Streben nach Freiheit und Gerechtigkeit geprägt war.

Von Stauffenberg wurde am 15. November 1907 in Jettingen geboren. Er wuchs in einer traditionsreichen und patriotischen Familie auf. Seine Eltern, Alfred Schenk Graf von Stauffenberg und Caroline Schenk Gräfin von Stauffenberg, geborene von Üxküll-Gyllenband, prägten ihn mit einem starken Sinn für Ehre und Pflichtbewußtsein. Schon früh wurde der junge Stauffenberg von den ideologischen Verirrungen der Nationalsozialisten abgestoßen.²

Schwere Verwundung im Einsatz.

Im April 1943 erlitt Stauffenberg während eines Einsatzes in Nordafrika schwere Verwundungen. Sein Fahrzeug wurde bei einem Luftangriff von britischen Jagdflugzeugen getroffen. Er verlor dabei sein linkes Auge, die rechte Hand und zwei Finger der linken Hand. Diese Verletzungen machten ihn physisch verwundbar, jedoch stärkten sie seinen Entschluss, gegen das NS-Regime vorzugehen.³

Widerstand gegen das NS-Regime.

Der Zweite Waffengang und die damit verbundenen Gräueltaten des NS-Regimes führten Stauffenberg und andere hochrangige Militärs und Beamte zu der Überzeugung, daß Adolf Hitler gestürzt werden müsse, um Deutschland und seine moralischen Werte zu retten. Dies war der Hintergrund für das berühmte Attentat am 20. Juli 1944, das im Rahmen der Operation Walküre durchgeführt wurde.

Wie der Nationalsozialismus möglich war.

Die NSDAP unter Adolf Hitler stieg in der krisengeschüttelten Weimarer Republik zur stärksten Partei auf, indem sie Rache für das „Novemberverbrechen“ von 1918 und die Reinthronisierung des Kaisers versprach. Nachdem sie 1933 an die Macht kam, änderte die NSDAP ihren Kurs und verriet diese Versprechen. Monarchistische und kaisertreue Deutsche fühlten sich betrogen. Auch die SA, eine paramilitärische Organisation, die die Machtübernahme unterstützt hatte, wurde später ausgeschaltet und ihre Mitglieder teils ermordet.⁴

Die Hohenzollern insbesondere der damalige Kronprinz Wilhelm soll dem Nationalsozialismus Vorschub geleistetet haben.

Kronprinz Wilhelm von Preußen, dem ältesten Sohn von Kaiser Wilhelm II., wird heute angelastet, dem Nationalsozialismus „erheblichen Vorschub geleistet“ zu haben. Diese Anschuldigungen basieren auf seiner Unterstützung für Adolf Hitler und seine Teilnahme an Veranstaltungen in den 1930er Jahren. Diese Vorwürfe sind neu, denn Kronprinz Wilhelm wurde lange Zeit in diesem Kontext nicht besonders kritisch betrachtet. Erst als der heutige Chef des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich von Preußen, begann, Beistzansprüche auf enteigneten Familienbesitz geltend zu machen, wurde Kronprinz Wilhelm in dieser Richtung porträtiert.

Prinz Heinrich von Hannover aus dem Hause der Welfen äusserte sich am 20. Februar 2020 in einem Interview bei h1-Sofa wie folgt zu diesen Vorwürfen: ,,Jetzt wird plötzlich vorgeschoben, daß der Kronprinz den Nationalsozialismus erheblichen Vorschub geleistet hätte. Wissen sie, ich habe in meiner Schulzeit Studiumszeit, die Weimarerzeit und den Nationalsozialismus hoch und runter gelesen und gelernt, da hat der Kronprinz nie eine Rolle gespielt. Jetzt beschäftigen sich Historiker mit diesem Herrn und plötzlich sehen sie ihn als bedeutenden Nationalsozialisten, der den Nationalsozialisten erheblichen Vorschub geleistet hätte. Das halte ich für gänzlich übertrieben.“⁵

In unserem Artikel Schonungslos: Der Kronprinz und die Nazis sind essenzielle Informationen dazu aufbereitet.

Louis Ferdinand von Preußen: Einblicke in den Widerstand und die Operation Walküre.

In einem Interview der Serie „Zeugen des Jahrhunderts“ aus dem Jahr 1986 äußerte sich der damalige Chef des Hauses Hohenzollern Louis Ferdinand von Preußen, der Sohn des Kronprinzen Wilhelm, zu seiner Beteiligung im Widerstand gegen das NS-Regime. Er berichtete, daß er von der Operation Walküre wusste und von seinem Freund Otto John über das Vorhaben informiert wurde. Louis Ferdinand gab an, daß er sich bereithalten sollte, falls das Attentat auf Adolf Hitler erfolgreich verlaufen würde.⁶ Diese Aussage unterstreicht die legitimistisch-monarchische Gesinnung der Widerstandskämpfer: Man wollte Hitler aus Preußen bomben und der rechtmäßige Erbe der preußischen Krone sollte sich für diesen Fall bereit halten.

Operation Walküre: Ein Plan für den Putsch.

Die Operation Walküre war ursprünglich ein Plan der Wehrmacht, um im Falle eines inneren Aufstandes schnell und effizient reagieren zu können. Stauffenberg und die mutigen Männer, darunter Henning von Tresckow, nutzten diesen Plan jedoch als Grundlage für ihren Putschversuch. Ihr Ziel war es, die Kontrolle über die Wehrmacht zu übernehmen, um dann die NS-Führung zu verhaften und Hitler zu eliminieren.

Henning von Tresckow: Preußentum im Blut.

Henning von TresckowHenning von Tresckow, ein hochdekorierter Generalmajor, war eine der Schlüsselfiguren im militärischen Widerstand. Er entstammte altem preußisch-märkischem Adel, sein Vater Hermann war bei der am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles, als der preußische König Wilhelm I. in Anwesenheit vieler deutscher Bundesfürsten und Otto von Bismarcks als Kaiser des soeben gegründeten Deutschen Reiches proklamiert wurde. Henning von Tresckow war überzeugt davon, daß das deutsche Volk von der nationalsozialistischen Diktatur befreit werden müsse. Tresckows Vaterlandsliebe und sein starkes Rechtsgefühl trieben ihn an, sich gegen das Regime zu stellen. Sein berühmter Ausspruch „Es ist Zeit zu handeln“ motivierte viele seiner Mitstreiter.⁷

Daß Henning von Tresckow auch während des Nationalsozialismus durch und durch vom monarchischen Preußentum erfüllt war, wird deutlich am Auszug an einer Rede⁸, die anlässlich der Konfirmation seiner beiden Söhne in der Potsdamer Garnisonkirche am 11. April 1943 hielt:

„Vergeßt in diesem Zusammenhang niemals, daß Ihr auf preußischem Boden und in preußischdeutschen Gedanken aufgewachsen und heute an der heiligen Stätte des alten Preußentums, der Garnisonkirche, eingesegnet seid. Es birgt eine große Verpflichtung in sich, die Verpflichtung zur Wahrheit, zu innerlicher und äußerlicher Disziplin, zur Pflichterfüllung bis zum letzten. Aber man soll niemals vom Preußentum sprechen, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich damit nicht erschöpft. Es wird so oft mißverstanden.
Vom wahren Preußentum ist der Begriff der Freiheit niemals zu trennen.

Wahres Preußentum heißt Synthese zwischen Bindung und Freiheit, zwischen selbstverständlicher Unterordnung und richtig verstandenem Herrentum, zwischen Stolz auf das Eigene und Verständnis für Anderes, zwischen Härte und Mitleid. Ohne diese Verbindung läuft es Gefahr, zu seelenlosem Kommiß und engherziger Rechthaberei herabzusinken. Nur in dieser Synthese liegt die deutsche und europäische Aufgabe des Preußentums, liegt der ‚preußische Traum’! Man kann das gerade jetzt nicht ernst genug betonen und ebenso, daß von solch preußisch-deutschem
Denken das christliche Denken gar nicht zu trennen ist. Es ist sein Fundament, und hierfür ist unsere alte Garnisonkirche Symbol.“

Das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944.

Der Ort des mißglückten Attentates. Die Vorbereitung des Attentats am 20. Juli 1944 war minutiös geplant. Stauffenberg selbst brachte den Sprengsatz in Hitlers Hauptquartier, die Wolfsschanze, und platzierte ihn in der Nähe des Diktators. Die Bombe war in einer Aktentasche versteckt, die er während einer Besprechung unter dem Tisch in Hitlers Nähe positionierte. Aufgrund einer Reihe unglücklicher Umstände – die Tasche wurde von einem Teilnehmer der Besprechung weiter weg bewegt und der massive Eichentisch dämpfte die Explosionskraft – überlebte Hitler das Attentat mit nur leichten Verletzungen.

In den folgenden Stunden wurde das Komplott aufgedeckt und die Widerständler von der SS und der Gestapo gnadenlos verfolgt. Stauffenberg und mehrere seiner Mitstreiter wurden noch in der Nacht des 20. Juli hingerichtet. Henning von Tresckow beging kurz nach dem Scheitern des Attentats Selbstmord, um einer Verhaftung zu entgehen.²

Gedenktafel für Stauffenberg.

Die höchsten Güter Preußens, unser Erbe.

Trotz des Scheiterns des Attentats bleibt das mutige Handeln von Stauffenberg, Tresckow, und vieler anderer ein leuchtendes Beispiel für moralischen Mut und den Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit. Ihre Vaterlandsliebe und ihr unerschütterlicher Glaube an Rechtsstaatlichkeit verliehen ihnen den Mut, sich gegen das totalitäre Regime zu erheben und für eine bessere Zukunft Deutschland zu kämpfen, eine Zukunft, wie Hitler sie versprach, um an die Macht gelangen: Die Restauration der preußischen Krone und mit ihr die Restauration des deutschen Kaisertums. Das Erbe dieser Helden soll uns Mahnung sein, daß der Einsatz für Gerechtigkeit und Freiheit, die höchsten Güter Preußens, selbst das höchste Opfer verlangen darf.

Der Preußen Losung ist die Drei: Recht, Licht und Schwert. - Gneisenau

 


Quellen und Nachweise:
¹ Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1905, August Neidhardt von Gneisenau
² LeMO, Claus Schenk Graf von Stauffenberg
³ Gedenkstätte-Deutscher-Wiederstand, 9 Stauffenberg und das Attentat vom 20. Juli 1944
⁴ Der Preußische Correspondent, Enthüllt: Wie der Nationalsozialismus möglich war, 2024
⁵ h1-Sofa – Zu Gast: Prinz Heinrich von Hannover, 2020
⁶ Zeitzeugenportal, ZDF-Sendereihe „Zeugen des Jahrhunderts“, Kaiser auf Abruf, Louis Ferdinand von Preußen, 1986
⁷ LeMO Henning von Tresckow
⁸ Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e. V., Auszug Rede Henning von Tresckow

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